Mit einer Vespa Primavera nach Schweden

Wo soll es hingehen? Schweden, Malmö. Dort wohnte eine Freundin von mir. Auf dem Weg dorthin mache ich noch Station in Fehmarn, weil mir die beste Frau von allen dort einen Kite-Kurs ohne mein Wissen gebucht hat. Dafür noch mal tausend Dank.

Bis zum Horizont...

Wenn man eine Reise tut...

1. Tag: Essen - Nordwalde

Irgendwo bei Nordwalde

Um 17:00 Uhr ging die Reise los. Bevor ich jedoch starten konnten, waren die noch nicht beendeten Restarbeiten des Vortages und ein TÜV-Termin zu meistern.

Die Abnahme verlief mit einer kleinen Panne, da die Lichtanlage wohl irgendwo einen Massefehler hatte und das Licht in der Abblendeinstellung nur vor sich hinfunzelte. Trotzdem durchgekommen und den Fehler zu Hause im Lenkkopf lokalisiert und behoben. Noch schnell alle Sachen auf dem Roller verstaut und es geht endlich los.

Bevor ich mich gen Norden wende, führt noch ein kleiner Schlenker nach Velbert, wo ich mich für die nächsten 2,5 Wochen von meiner Freundin verabschiede. Dann verlasse ich über die B224 Essen und das Ruhrgebiet in Richtung Norden. In Marl bekomme ich noch einmal die gesammten Bausünden und den Flair des Ruhrgebiets der 70er Jahre zu sehen. Wirklich keine schöne Stadt, die ich schnell hinter mir lasse.

Über Haltern am See geht es nach Dorsten. Nach der ganzen Schrauberei bin ich noch ein wenig nervös und horche immer wieder nach verdächtigen Geräuschen aus dem Motor. Die kleine schnurrt aber wie ein Kätzchen. So geht es mit Vollgas in Richtung des schönen Billerbeck. Die Stadt muss ich zu meinem Bedauern aber rechts liegen lassen, da ich schon spät dran bin. Über Altenberge erreiche ich schließlich ohne Probleme gegen 21:00 Uhr Nordwalde, wo ich bei meinem Vater übernachte und wir den Abend bei einem sehr leckeren Essen ausklingen lassen.  

2. Tag: Nordwalde - Bremen - Zeven

Heutiges Etappenziel: Bremen

Wir stehen um 7:30 Uhr auf. Nach einem leckeren Frühstück fahre ich mit meinen Dad nach Steinfurt. Letzte Tipps und eine kurze Verabschiedung und ich bin wieder alleine auf der Straße unterwegs. Es geht Richtung Emsdetten und Saerbeck, wo ich mich nach einigen unschönen Drängelaktionen anderer Verkehrsteilnehmer entschließe, die Bundesstraße zu verlassen und die kleinen, hoffentlich ruhigeren, Landstraßen zu benutzen. Durch die in kräftigem Gelb der reifen Kornfelder gefärbte Landschaft geht es nach Ibbenbüren. Von dort weiter in das malerische Mettingen, auf das ich über einen Bergkamm kommend mit einer wunderbaren Fernsicht zufahre. Im historischen Stadtkern lege ich ersteinmal eine Kaffepause ein und bestelle mir einen Latte-Macciato in einem an der Kirche gelegenen Café.

Da ich ja nicht nur Kilometer machen möchte, betrete ich neugierig die Kirche, wo mich das Spiel der Orgel empfängt. Der örtliche Organist übt und so erlebe ich als einziger Besucher der Kirche ein kleines Privatkonzert.

Da ich es heute noch bis hinter Bremen schaffen möchte, reiße ich mich nach einer halben Stunde los und fahre in Richtung Westkappeln weiter. In Bramsche erklimme ich mit der Vespa einen langen Anstieg, halte mich rechts und passiere das weithin sichtbare Stromkraftwerk, daß mir mit seinen gewaltigen Ausmaßen noch eine Zeit als als Landmarke dient.

Auf der folgenden Strecke fahre ich immer wieder an aufwändig, im typischen Fachwerkstil gehaltenen alten Bauernhöfen vorbei, die sich malerisch in das Landschaftsbild einfügen. Die Konstruktionen sind oft reich verziert und beschriftet und die Gebäude des Hofes bilden vom Wohnhaus bis zu den Wirtschaftsgebäuden eine homogene architektonische Einheit. Die Dächer sind häufig mit Reet gedeckt.

Unterwegs fahre ich an einem Haus mit vermutlich frisch gewordenen Eltern (?) vorbei. Ob Brauchtum oder Partygag, es schaut auf jeden Fall sehr lustig aus.

Kurz vor Bremen unterbricht Innerorts auch schon mal Kopfsteinpflaster das schwarzer Asphaltband und gibt den Orten und Dörfern so einen zusätzliche optischen Reiz.

In der Hansestadt angekommen, helfe ich erst einmal einem liegen gebliebenen Vespa V50 Fahrer. Sein defekter Kupplungszug ist schnell getauscht und es geht auf meine Bitte hin später zum örtlichen Vespahändler, da ich meinen Ölmessbecher unterwegs verloren habe und diesen ersetzen möchte.

Der kleine alteingesessene Händler ist ordnungsgemäß mit einem altem Blechroller im Schaufenster bestückt. Eine kleine V50 Elestart war vor dem Laden zu bewundern. Hier ist auch der Ölmessbecher vorrätig und wird zum günstigen Kurs ersetzt. Wenn ihr mal in Bremen seid, schaut mal vorbei (Das Piaggioschild sieht man noch etwas links oben am Bildrand).

Und das Ganze nochmal von draußen...

Anschließend bringt mich der V50 Fahrer noch zum Bahnhof, wo ich meine Sachen in ein Schließfach verstaue, um noch ein wenig durch Bremens Innenstadt zu bummeln. Ich schaue mir den Rathausplatz und die Böttchergasse an und streife noch ein wenig durch die angrenzenden Straßen. Von der ganzen Lauferei bin ich reichlich müde geworden. Da die Hotelpreise in Bremen doch etwas happig sind, verlasse ich die Hansestadt, um auf dem Land eine günstigere Unterkunft zu suchen.  

Parallel zur Weser geht es nach Oyten und von dort über die Landstraße Zeven. Für einige Wuppertal hier noch ein kleiner Hingucker von Wegesrand. Kommt der Name nicht irgendwie bekannt vor? ;-D

Irgendwie nicht Wuppertal - oder doch?

Für die Nacht suche ich mir in Zeven ein Zimmer und freue mich schon wieder auf den nächsten Tourtag, während ich einschlafe.

3. Tag: Zeven - Orth / Fehmarn

Nach kurzem Kartenstudium am Morgen entscheide ich mich gegen die Ortsdurchfahrt von Hamburg. Da mich die Fahrt im Süden um Hamburg herum vermutlich zuviel Zeit kosten wird, entschließe ich mich, die Elbfähre bei Glückstadt zu nehmen. Ich habe gut ausgeschlafen und nach einem ordentlichen Frühstück verlasse ich Zeven gegen 8.30 Uhr. Bei Heeselingen biege ich auf die Landstraße nach Anderlingen ab.

Was folgt, ist für mich eine der schönsten Wegstücke der bisherigen Tour. Auf kleinsten Straßen fahre ich fast immer allein durch eine abwechslungsreiche Moorlandschaft mit Feldern und Wiesen die immer mal wieder von Waldabschnitten und kleinen Dörfern unterbrochen wird. Am Wegesrand gibt es immer etwas zu entdecken. So auch dieser mitten in der Landschaft wie hingeworfene Fahrzeughof und -verkauf in dem Fahrzeuge und Natur langsam wieder eins werden und einige Anhänger und Schlepper vermutlich ihren letzten Abstellplatz gefunden haben.

Im kurzen die Stationen: Zeven - Heeslingen - Anderdingen - Farven - Brest - Groß Aspe - Fredenbeck - Schwingen - Hageneh - Heinbockel - Oldendorf - Himmelpforte (Die Heimat des Christkindes :-) - Engelschoff - Großenwörden - Obenaltendorf  und über die B 495 schließlich nach Wischhafen zur Elbfähre. Wer einmal in der Gegend ist: fahren und entdecken - es ist wunderschön dort.

Bei der Überquerung der Elbe ist übrigens ggf. mit einiger Wartezeit zu rechnen. Die eingesetzten 3 Fähren sorgen aber für ein schnelles ein- und ausschiffen. Die Überfahrt selbst war ruhig, wenn auch auf Grund des Windes am Bug ein wenig feucht :-)

Auf der anderen Seite in Glückstadt angekommen, beschleunige ich noch einmal mein Reisetempo und fahre direkt über Bad Bramstedt und Bad Segeberg. Die Landschaft wird nun immer hügeliger, ich bin in der Holsteinischen Schweiz angekommen.

Durch die Bundesstraßen habe ich ein wenig Zeit gut gemacht, so das ich in Ruhe nach Norden abbiegen kann. Gemächlich bummel ich über kleine kurvige Landstraßen und Feldwege. In einigen Teilen erinnert mich der sanfte Schwung der Hügel mit den kleinen Orten und Gehöften an die herbstliche Toskana.  

Kleine in den Wäldern versteckte Häuser mit liebevoll gestalteten oder machmal leicht verwunschenen wirkenden Naturgärten lassen mich immer wieder einmal kurz anhalten.

Über Oldenburg und Heiligenhafen erreiche ich schließlich mein einstweiliges Ziel; Orth auf Fehmarn. In den vergangenen zweieinhalb Tagen habe ich mit der Vespa ohne Probleme ca. 800 Kilometer zurückgelegt und viele neue Eindrücke über Landschaften und Gegenden erfahren, die ich bis dato nur von der Beschilderung an der Autobahn oder aus dem Atlas kannte.

4. Tag: Kiten in Orth

Am Samstag morgen laufe ich zu den Windgeistern mit ihrer im Hafen von Orth gelegenen Surf- und Kitestation. Es geht ein leichter Wind, der von Nord / Nord-Ost kommt. Eine wie ich erfahre seltene Windrichtung auf Fehmarn, die uns zwingt, von Orth auf das Festland zu fahren um am dortigen Strand unseren Kiteuntericht aufzunehmen.

Wir lernen wie man den Drachen ausrichtet und aufbaut und was an Sicherheitsaspekten zu beachten ist. Wir werden in Zweiergruppen aufgeteilt und lernen als erstes den Drachen sicher mit Hilfe eines Lehrers zu starten. Dann folgen erste eigene Flugversuche, die in der Regel oft mit einem Absturz ins Wasser enden.  Die Zeit verfliegt schnell und als gegen Nachmittag der Wind dreht und von Land her unsere Drachen in Richtung offene See bläst, brechen wir die Schulung müde aber zufrieden ab. Noch ein wenig erweiterte Theorie auf der Terrasse vor dem Shop und ich falle ins Bett.

5. Tag: Flaute

Heute war nicht viel los. Der Kitekurs wurde am Morgen wegen Windmangel auf 13:30 Uhr nach hinten verschoben. Leider war auch später nichts zu machen, so das der Kurs für diesen Tag abgesagt wurde. Da ich länger am Ort(h) bin, werden wir es am Dienstag noch einmal versuchen.

Im Hafen von Orth gibt es ein sehr nettes Café links am Ende der Häuserfront. Hier gibt es einen sehr guten Kaffee und/oder Latte Macchiato den man direkt auf den Hafen schauend im Schatten zweier alter Bäume genießen kann. Sehr angenehm.

Das Bild oben zeigt den örtlichen Leuchtturm, der aus dem Cafe sehr schön im Blick liegt.

6. Tag: Oldenburg & Lübeck

Da heute immer noch kein Wind für die Kite-Schulung angesagt war, bin ich nach kurzer Überlegung nach Lübeck gefahren. Die alte Hansestadt hatte ich 1990 einmal kurz auf einer Tour nach Ostdeutschland gestreift - nun wollte ich Sie einmal genauer erkunden.

Auf dem Weg liegt die Stadt Oldenburg, die ich auf der Hinfahrt nur im Vorbeifahren gesehen hatte. Dabei war mir der örtliche Hinweis auf das Wallmuseum aufgefallen. Nach einem kurzen Spaziergang durch die kleine Innenstadt fuhr ich vorbei am Burgwall zum etwas außerhalb gelegenen Museumsareal. Leider hatte dieses, wie die meisten Museen in  Deutschland, montags geschlossen. Der Bereich mit dem Nachbau eines slawischen Fischerdorfes war aber frei zugänglich. Die Rekonstruktion eines slawischen Handelschiffes liegt hier mit zwei Einbäumen malerisch an einem Steg festgemacht.

Dicht daneben grasten auch einige sehr kleine Schafe, die sich als besonders seltene Nutztierrasse, namentlich Skudde, herausstellten.

Weiter ging es nach Lübeck. Hier holte ich in der sehr freundlichen Touristeninformation näheres zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt ein. Auch hier waren die Museen geschlossen, so das sich mein Besuch primär mit der Besichtigung der mit wunderschönen Backsteingebäuden aus der Blüte der Hanse gestalteten Innenstadt beschränkte. Da jedoch auch tausende andere Touristen die selbe Idee hatten, war die Lust am weiteren Entdecken der Stadt schnell verflogen. Ein kurzer Besuch am Kai mit historischen Segelschiffen entschädigte für den Rummel in der Stadt. Hier liegen sehr schöne, von privat restaurierte alte Segler und versetzen den Betrachter kurz in die Zeit Anfang des letzten Jahrhunderts.

Schnell noch einmal vor Ort getankt, und dann geht es über Grömnitz wieder ab nach Fehmarn.  

7. Tag: Kiten in Orth

Als ich um 7:30 Uhr wach wurde war klar, heute wird es etwas mit dem Kite-Kurs. Wind! Nicht extrem, aber so viel, das der Kurs stattfinden kann. Materialausgabe, Schirme startklar machen und ab ins Wasser. Noch einen kleinen Bodydrag (der Kiter weiss was gemeint ist ;-) zum warm werden, und den ersten Versuchen in der Gruppe steht nichts mehr im Weg. Das Gefühl für den Schirm wird mit jedem neuen Start zum Firmament besser und ich komme nach anfänglichen Schwierigkeit sogar kurz auf das Brett. Der Rest des Tages geht mit Üben und gegenseitigem Korrigieren drauf.

Zum Nachmittag flaut der Wind immer weiter ab, so das mich selbst ein 12 qm Schirm nicht mehr aus dem Wasser bringen kann. Ich bin aber glücklich heute einen Schritt weiter gekommen zu sein. Stuzi von den Windgeistern gibt uns abschließend noch eine kleine Materialkunde bevor sich die Gruppe endgültig trennt. Ein super Tag. Da morgen kein Wind angesagt ist, werde ich wohl nach Schweden aufbrechen. Leider gibt es vom Kiten keine Fotos, oben einfach mal eine Farbaufnahme wie man nach einem Tag auf dem Wasser aussieht :-) bruzzel.

8. Tag: Orth nach Malmö

Einen Tag früher als ursprünglich geplant geht es heute los Richtung Malmö. Ich verlasse Fehmarn nach einem letzten Tankstopp nach Norden und werde in Puttgarden mit der Fähre nach Rodbyhaven übersetzen. Als ich zum Einchecken an der Zahlstation vorfahre, begrüßt mich die nette Kassiererin mit einem „och, das ist ja nur ein kleiner Roller“ und deklariert mich und die Vespa als Fahrrad. Damit zahle ich den günstigsten Tarif! Sehr schön! Die Überfahrt verläuft ruhig bei bestem Wetter.

Da die Zeit etwas knapp ist, nehme ich bis Skaskobing die Autobahn, was aber dank Tempobeschränkung in Dänemark von 110 km/h zu wenig Stress führt. Ich nehme dann die 153 als Nebenstraße nach Vordingborg. Auf der Strecke gibt es bei Guldenborg ein für einen Flachländer wie mich seltenes Schauspiel zu sehen. Die örtliche Hebebrücke wird geöffnet, um ein Schiff passieren zu lassen. Zeit also für eine kleine Verschnaufpause.

Das Thermometer zeigt beständig Werte um 32° C an und vom Asphalt knallt die Hitze zurück auf den Roller und mich. Ich fahre im T-Shirt weiter, da auf der Landstraße sehr wenig Verkehr herrscht und ich so wenigstens ein wenig Abkühlung durch den Fahrtwind bekomme. Don‘ t do this at home :-)

Von weitem schon zu sehen, geht es vor Vordingborg über eine sehr schöne, durch die Zeit schon etwas angegriffene Stahlbogenbrücke in Fachwerk und Nietenkonstruktion. Grau und erhaben liegt sie im Meer und darf nur noch mit Fahrzeugen bis max. 10 to. belastet werden.

In Vordingborg tausche ich erstmal ein wenig Geld um und kaufe mir im örtlichen Buchladen eine Straßenkarte für die Fahrt bis Kopenhagen. Dicht am Ortskern gibt es eine alte Festung mit einem Museum zu sehen.

Für mich geht es aber weiter. Durch eine sanft hügelige Landschaft, die auch hier stark durch die Kornfelder der Landwirtschaft geprägt ist, geht es über die 22 und 14 nach Naestved, Ringstedt und Roskilde.

Um mir Zeit und Nerven zu sparen nehme ich von hier noch mal die Autobahn nach Malmö und überquere die atemberaubende Oeresund-Brücke zwischen den beiden Städten. Gegen 17:30 Uhr habe ich Malmö erreicht.

9.-12 Tag: Malmö und Kopenhagen

Das erste was auffällt – diese Stadt ist sehr jung (die Leute) und alt (der Stadtkern). Meine Freundin Britta zeigt mir die Sehenswürdigkeiten der Altstadt und wir lümmeln am Strand rum und machen einen Ausflug nach Kopenhagen, Dänemarks Hauptstadt.

Zwischendrin gibts noch fangfrischen Fisch, den die örtlichen Fischer morgens in eigenen Fischbuden neben dem technischen Museum verkaufen.

Technikmuseum von Malmö

Da Britta meine Neigung zu altem Blech kennt, empfiehlt sie mir einen Besuch im Technikmuseum von Malmö. Die Ausstellung umfasst neben einem Bereich mit Flugzeugen und alten Straßenbahnen ein begehbares U-Boot. Ich hatte zwar Wolfgang Petersens Meisterwerk gesehen, aber das es in den Dingern so eng ist, konnte ich mir bis dato nicht vorgestellt.

Daneben gibt es noch einen sehr sehenswerten Bereich mit Fahr- und Motorrädern sowie diversen Auomobilen die alle mit liebevoll gestalteten Themenräumen in Szene gesetzt sind. Da gibt es zum Beispiel für die Motorräder eine voll eingerichtete Werkstatt und die Leichtkrafträder und Drahtesel sind in einer Tankstellenszene untergebracht. Auch eine Lambretta und ein NSU Roller sind hier zu finden.

Ergänzt wird das ganze durch alte Anzeigen und Werbeprospekte. Hier sind erstaunlicherweise die deutschen Hersteller der 50er und 60er Jahre sehr stark vertreten.

13. Tag Von Malmö nach Sylt

Die vier Tage sind wie im Flug vergangen – ich habe meine Sachen wieder auf der Primavera verstaut und verabschiede mich am Morgen von Britta.

Auf der Autobahn geht es zurück über die Öresund Brücke, vorbei an Kopenhagen und in Richtung Roskilde. Ich verlasse dort, wie schon auf der Hinfahrt, die Autobahn und fahre auf der Landstraße nach Ringsted. Hier wende ich mich nun nach Westen und halte auf den Großen Belt zu. Parallel zur Autobahn geht es schwungvoll durch die sich sanft wiegende, leicht hügelige Landschaft. Unterbrochen wird das Grün nur von vereinzelten Häusern, Gehöften und kleineren Städten am Wegensrand. Die Vespa brummt zufrieden mit den typischen Sound und bringt mich schnell über Slagelese nach Korsor - wo auf einmal der Motor erst aussetzt und dann keinen Ton mehr von sich gibt.

Ich rolle am Straßenrand aus und begebe mich auf Fehlersuche. Sprit ist genug vorhanden, nur die Zündkerze hat keinen Funken mehr - die Fehlerquelle in Form eines losen Kabels der Zündspule ist schnell lokalisiert und behoben.

Am Horizont zeichen sich langsam die zwei Hauptpfeiler der Brücke über den Großen Belt ab. An der Mautstation zahle ich meinen Obulus und vor mir erstreckt sich ein leicht ansteigendes Asphaltband, das seinen Scheitelpunkt durch zwei gigantische Brückenpfeiler krönt. Ich fahre eine kleine Ewigkeit auf die beiden Riesen zu und komme mir vor wie eine kleiner Hobbit. Frodo und Sam müssen sich auch nicht anders gefühlt haben, als sie im ersten Teil des Herrn der Ringe in einem kleinen Boot an den zwei majestätischen Königsfiguren, dem westlichen Tor, vorbeizogen. Leider darf man auf der Brücke nicht anhalten, aber den Eindruck der Konstruktion schmälert das kein bisschen.

Die Zeit wird für mich langsam knapp, denn ich muss noch die letzte Fähre von Dänemark nach Sylt bekommen. Also nehme ich ein ganzes Stück die Autobahn und fahre auf dem schnellsten Weg Richtung Havneby auf der dänischen Insel Romo. Die Landschaft wird auf dem Weg zur Küste immer karger und auf dem letzten Meter wird es dann nochmal kniffelig. Der Tank wird zusehens leerer - nur die blöde Insel will zum verrecken nicht auftauchen. Und weit und breit komme ich an keiner Tankstelle vorbei.

Irgendwann muß ich auf Reserve schalten, bin mitten im Nirgendwo umgeben von Heide und Baumlandschaft und mir geht langsam der Stift. Und dann ist da plätzlich der Damm mit der Straße zur Insel Romo, schnurgrade wie ein Amerikanischer Highway, bis zum Horizont. Sch..., nur nicht ausgehen. Am Ende des Damms die Erlösung - ein Tankstelle. Volltanken bitte!!!

Ich bin 15 Minuten vor dem Ablegen da – Punktlandung. Die Fahrt war anstrengend und so mache ich bei der Überfahrt ein kleines Nickerchen auf dem Sonnendeck. Auf Sylt werde ich erst einmal von einem „freundlichen“ Badegast im schwarzen Stuttgarter Sportwagen beinahe von der Straße geschoben – Deutschland und seine unentspannten Autofahrer haben mich wieder... Zum guten Schluss muss ich noch um einen Stellplatz für mein Zelt auf dem Campingplatz in Wenningstedt betteln. Hat so gerade noch geklappt. Schnell noch ein paar Sonnenuntergangsstrandfotos und ich falle im Zelt ins Koma.

14. Tag: Sylter Ellenbogen - Husum

Nach einer etwas unbequemen Nacht im Zelt besorge ich mir im Camping-Shop ein ordentliches Frühstück und ziehe danach los, um ein paar Fotos für meinen Onkel von Sylt zu schießen. Er hat dort eine Ferienwohnung und ich die Aufgabe übernommen, eine kleine Webseite aufzusetzen.

Ein kleiner Ausflug führt mich dazu auch am Vormittag an die Nordspitze von Sylt in das Naturschutzgebiet "Ellenbogen". Nachdem ich 5 EUR Eintritt für die Privatstraße gelöhnt habe, fahre ich bis an das äußerste nördliche Ende von Sylt. Durch eine wunderschön unverbaute Dünenlandschaft geht es einige Kilometer bis ein Parkplatz den Endpunkt der Straße markiert. Per Fußmarsch laufe ich über die Dünen und bin fast ganz allein am Strand. Traumhaft. Am späten Nachmittag nehme ich Abschied von Sylt - was mir wirklich nicht so schwer fällt - und nehme die Fähre von List zurück zur Insel Romo.

In Dänemark folge ich dem Küstenverlauf und komme bei Markhäuser zum westlichen Grenzposten, den Dänemark ehemals hatte. Irgendwo im Nirgendwo haben vor der Zeit des offenen Grenzverkehrs hier strafversetzte Grenzsoldaten ihren einsamen Dienst geschoben. Nette Anekdote und Grenzunsinn am Rande: der örtliche dänische Bauer hat dort einen Hof, der jedoch nur eine Ausfahrt auf deutschen Boden hat. Er musste also für das Bestellen der Felder jedes mal "ein- und ausreisen" - was der Grenzer jedes mal zu protokollieren hatte. ABM der anderen Art.

Auf kleinen verschwiegenen Straßen folge ich der Küstenlinie und kann immer wieder die zahlreichen Wattvögel entlang der Strecke beobachten. Schließlich mache ich mich in Husum auf die Suche nach einem Hotelzimmer.

15. Tag Husum - Rethem

Nach einem zeitigen Frühstück breche ich früh auf um unterwegs ein wenig mehr Luft für Zwischenstops zu haben. Über Tönningen und Heide geht es nach Süden. In Meldorf mache ich zum ersten Mal Halt und besuche das örtliche Landwirtschaftmuseum mit Bauernhaus.

Hinter dem etwas unspektakulären Titel verbirgt sich ein kleines, aber sehr schönes Museum. Anhand zahlreicher Exponate wie landwirtschftlicher Geräte und den ersten Maschinen lässt sich erahnen, wie mühsam und zum Teil gefährlich der Beruf Landwirt und seiner zahlreichen Helfer war und zum Teil sicher heute noch ist. Besonders beeindruckt hat mich die komplette Wohnung und Arbeitsstätte eines Dorfschmiedes, das im Museum zu sehen ist. Weiterhin die statistische Darstellung für die noch Anfang des letzten Jahrhunderts eingesetzte Menschenkraft/zahl zur Bewirtschaftung eines Hektar Landes.

Das Verhältnis Bauer/Erwerbstätiger war damals nahezu 1:1. Heute ernährt ein Landwirt mit intensiver maschineller Landwirtschaft zwischen 20 bis 25 Menschen! Die industrielle Revolution wäre also ohne die Fortschritte in der Landwirtschaft nicht möglich gewesen.

Die Fotos geben die Ausstellung nur unzureichend wieder, es gibt auch viele Kleingeräte, ein Chemielabor, alte Drescher, eine Kohlfabrik und vieles mehr.  

Nach einem kurzen Abstecher zur ebenfalls in Meldorf befindlichen Windmühle fahre ich über Gudendorf Richtung Brunsbüttel. Ich quere den Nord-Ostsee-Kanal und bummel weiter in Richtung Glückstadt, um dort wie auf der Hinfahrt mit der Fähre überzusetzen.

Ich fahre durch das alte Land und über Stade - Honeburg - Harsefeld. Auf dem Weg zickt die Zündung wieder mit kleinen Aussetzern herum. In Sauensiek mache ich im Klindworths Gasthof Mittag und beschließe das Problem danach anzugehen. Als die Bedienung meinen Roller sieht, kommen wir ins Gespräch und es stellt sich heraus, das ihr Sohn Lambretta fährt. Die losen Schrauben der Zündspule sind schnell festgezogen und es geht weiter über Heidenau grobe Richtung Walsrode.

Auf dem Weg durch den Ort Lünzen, wo am malerischen Mühlteich diese Doppelradmühle mit 450-jähriger Geschichte steht. Leider ist die Mühle verschlossen, das 4,50 Meter hohe Rad davor ist aber auch so imposant anzuschauen.

Kurz hinter Walsrode beginne ich mit meiner Suche nach einem Nachtquartier - als ich in Rethem einem örtlichen Vespafahrer treffe. Ich frage nach einer Empfehlung für die Nacht und er führt mich zu seinem Nachbar, der eine Landpension betreibt. Er lädt mich später noch auf ein Bier ein und wir quatschen ein wenig übers Schrauben und er zeigt mir seine recht umfangreiche Mopedsammlung. Danach ist Zapfenstreich.

16. Tag: Rethem - Essen

Mit vollem Tank düse ich morgens von Rethem aus Richtung Steinhuder Meer. Ist der Weg anfangs noch einsam und durch den nicht enden wollenden Wechsel aus Beerenfeldern, Waldstücken, Wiesen und vereinzelt stehende Gehöften gezeichnet, belebt sich die Szenerie je näher ich an das Steinhuder Meer komme. Am von mir befahrenen nördlichen Teil des Sees stehen dann, Parzelle an Parzelle, die Ferienhäuser in mehreren Reihen zwischen Straße und Seeufer. Von Naturschönheit oder dem See habe ich nichts sehen können. Den Ansässigen scheint es zu gefallen und ich flüchte zügig in Richtung Minden.

Im schönen Bückeburg mache ich unterwegs einen Abstecher in die Altstadt, wo ich das Hubschraubermuseum besuche. Die bis dato flache Landschaft wird Zusehens hügeliger, die Bückerberge und das Wesergebirge künden sich an. Unterwegs finde ich Zeugnisse der auch hier regen Bergbautätigkeit.

In der Zeitschrift "Markt" hatte ich einen kleinen Artikel über das Auto-, Motorrad- und Technik-Museum in Bad Oeynhausen gelesen. Was ich als fast einziger Besucher der Privatsammlung dann entdeckte ist schon bemerkenswert. Zu sehen sind hier etwa 150 Autos, 250 Motorräder, 300 Schienen-, Land- und Luftfahrzeuge. Diese sind zum Teil in gutem, zum Teil aber auch in einem bemitleidenswerten Zustand. Gerade die Exponate im Außenbereich sind dem Verfall nahezu ohne Schutz ausgeliefert.

Nach ca. 2 Stunden auf dem Museumsrundgang ist der Kopf endgültig voll und ich mache mich über Löhne auf nach Herford. Es ist noch recht früh und ich überlege auf dem weiteren Weg nach Bielefeld irgendwo einzukehren und ggf. zu übernachten. Es sollte aber anders kommen. Zwischen Herford und Bielefeld fahre ich auf eine Unwetterwand zu. Was zuerst noch nach einem normalen Gewitter aussieht, wird schlagartig zu einem Unwetter wie ich es noch nicht erlebt habe. Vogeleigroße Hagelkörner prügeln mich windelweich und lassen meine Beine, die nur in einer abgeschnittenen BW-Hose stecken, unerträglich schmerzen.

Ich flüchte unter eine Brücke. Über eine Dreiviertelstunde tobt es, ein Blitz schlägt unweit in ein Haus ein und selbst viele Autofahrer bleiben mit ihren Fahrzeugen lieber unter der Brücke. Ich bin völlig durchnässt und beschließe schnellstmöglich nach Essen durchzufahren. Als sich der Hagelsturm legt, sieht es aus als hätte es stellenweise geschneit - trotz ca. 25 Grad-Celsius! Dort wo die Sonne auf die den Boden bedeckenden Hagelkörner trifft, verdampfen diese und ich fahre durch unwirkliche Nebelwände in Richtung Bielefeld. Eine dramatisch schönes Naturschauspiel.

Ich verstaue meine Karten im Rucksack - ab Bielefeld kenne ich die Strecke einigermaßen - ziehe mich an einer Tankstelle um und genieße die letzten Kilometer auf dem Weg nach Essen.

Nachwort

Es ist jetzt Mitte April und die Tour liegt fast ein halbes Jahr zurück. Eine neue Tour spuckt schon wieder in meinem Kopf herum und diesmal werde ich nicht als Solofahrer unterwegs sein. Ende Juli 2007 werde ich mit 4 weiteren Rollerfahrern von Ruhrgebietsrollertreff die Alpen unter die 10-Zöller nehmen.

Reisen ist ein Fieber - aber ein sehr schönes. Ich habe sehr viel mehr über Deutschland und seine Nachbarn kennengelernt als in allen meinen Reisen zuvor. Über 2.800 km war ich zwar oft allein - aber nie einsam. Unterwegs bin ich immer mit Menschen ins Gespräch gekommen, selten waren es unschöne Begegnungen. Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß, wenn man offen auf Menschen zugeht. Ich denke, selbst wenn ich irgendwo mal liegengeblieben wäre, es hätte sich mit dieser Hilfe immer irgendeine Lösung finden lassen.

Ich hoffe das lesen meines Reiseberichts hat ein wenig Spaß gemacht und vielleicht den ein oder anderen "angesteckt".

Marcel Schwarzer
April 2007